Text zu Halbkugelwahrheiten von Fritz Balthaus
Ein zum Übertragungsmedium umgerüstetes Fernrohr, wie es üblicherweise an touristischen Aussichtspunkten steht, kann jederzeit von allen Mitarbeitenden an einen neuen Ort auf den zwei Etagen gerollt werden, indem sie eigene Standpunkte und Motive auswählen, die dann auf eine Glaskugel am Empfang im 3. Stock übertragen werden. Traditionell wurden Medien als Gefässe für Inhalte verstanden und trennten was längst zusammengehört: Medien und Inhalte, Räume und Kunstgegenstände. Mit Unterstützung Marcel Duchamps erkannte Marshall McLuhans in seinem Buch «Das Medium ist die Botschaft», auch die Interpretationsmacht des Mediums und des Kontextes. Bis dahin hatte der Inhalt wahr zu sein und ein Gefässmedium Realität zu sichern. Auch darauf spielt der Titel der Arbeit von Lorenz Schmid an: «Diese Halbkugelwahrheit soll als ironisch gebrochenes System die zunehmende Eingebundenheit der Arbeitnehmer in halbtransparente, virtuelle Netzwerke kritisch spiegeln». Indem Lorenz Schmid das im Gebäude vagabundierende Fernrohrauge elektronisch mit einer Glaskugel am Empfang vernetzt und diesen Blick von einem „objektiven“ Fernrohr auf eine „spekulative“ Wahrsagerinnenglaskugel projiziert, thematisiert der Künstler den zweifelhaften Wahrheitsgehalt beider Arten des Sehens und macht den Vorschlag zu einer umfassenden Skepsis gegenüber allem medial Wahrgenommenen und visuell behaupteten.
Ein zum Übertragungsmedium umgerüstetes Fernrohr, wie es üblicherweise an touristischen Aussichtspunkten steht, kann jederzeit von allen Mitarbeitenden an einen neuen Ort auf den zwei Etagen gerollt werden, indem sie eigene Standpunkte und Motive auswählen, die dann auf eine Glaskugel am Empfang im 3. Stock übertragen werden. Traditionell wurden Medien als Gefässe für Inhalte verstanden und trennten was längst zusammengehört: Medien und Inhalte, Räume und Kunstgegenstände. Mit Unterstützung Marcel Duchamps erkannte Marshall McLuhans in seinem Buch «Das Medium ist die Botschaft», auch die Interpretationsmacht des Mediums und des Kontextes. Bis dahin hatte der Inhalt wahr zu sein und ein Gefässmedium Realität zu sichern. Auch darauf spielt der Titel der Arbeit von Lorenz Schmid an: «Diese Halbkugelwahrheit soll als ironisch gebrochenes System die zunehmende Eingebundenheit der Arbeitnehmer in halbtransparente, virtuelle Netzwerke kritisch spiegeln». Indem Lorenz Schmid das im Gebäude vagabundierende Fernrohrauge elektronisch mit einer Glaskugel am Empfang vernetzt und diesen Blick von einem „objektiven“ Fernrohr auf eine „spekulative“ Wahrsagerinnenglaskugel projiziert, thematisiert der Künstler den zweifelhaften Wahrheitsgehalt beider Arten des Sehens und macht den Vorschlag zu einer umfassenden Skepsis gegenüber allem medial Wahrgenommenen und visuell behaupteten.
Die interaktive, multimediale Installation Halbkugelwahrheiten thematisiert die zunehmende Überwachung des öffentlichen, halböffentlichen und privaten Raumes durch Kameras. Das optische System, welche ich im Sommer 2011 in den Räumen der City Bay installiert habe, besteht aus einem Sender und einen Empfänger. Beide Stationen sind an unterschiedlichen Standorten im Gebäude platziert und über das hauseigene Netzwerk miteinander verbunden. Der «Sender» besteht aus einem Aussichtsfernrohr und einer darauf montierten Überwachungskamera. Mit der Platzierung eines dieser für den öffentlichen Stadtraum so typischen Fernrohre in der City Bay soll eine ironische Verschiebung erreicht werden. Das dekontextualisierte Fernrohr wird zum symbolischen Ausblick und öffnet das Gebäude gegen aussen. Die Kamera sendet das Bild an einen einzigen Empfänger: in die Empfangstheke eingelassene Kugel aus Kristallglas. Die Brechung innerhalb des Glases bewirkt, dass das Live-Bild von den Seiten nicht gesehen werden kann. Erst wenn man sich über die (wahrsagende?) Kugel beugt, erscheint der Blick der Kamera in illusionistischer Räumlichkeit. Dieses alternative, ironisch gebrochene Überwachungssystem soll einerseits die zunehmende Eingebundenheit der Arbeitnehmer in halbtransparente virtuelle Netzwerke kritisch spiegeln, aber auch generell die Überwachungsmanie unserer Zeit lustvoll karikieren und gleichzeitig zu einem Arbeitsklima beitragen, welches auch die Kontemplation, das Ruhen des Blicks zulässt und zum Innehalten und Bildsuchen einlädt.
Lorenz Olivier Schmid, 2011
Lorenz Olivier Schmid, 2011
Halbkugelwahrheiten
Prämierter Wettbewerbs-Beitrag für den Neubau City Bay, Luzern
Konzept und Ausführung: 2010-2011
Interaktive ortsspezifische Installation. Mobiles Fernrohr, Kamera, Datennetzwerk, Glaskugel, Bildschirm.
Standort: City Bay, Werftestrasse 4, Luzern.
Auftraggeber: Hochschule Luzern
Projektleitung: Fritz Balthaus
Prämierter Wettbewerbs-Beitrag für den Neubau City Bay, Luzern
Konzept und Ausführung: 2010-2011
Interaktive ortsspezifische Installation. Mobiles Fernrohr, Kamera, Datennetzwerk, Glaskugel, Bildschirm.
Standort: City Bay, Werftestrasse 4, Luzern.
Auftraggeber: Hochschule Luzern
Projektleitung: Fritz Balthaus