«Spät nachts lockte schwarz das Wasser und ich schwamm hinaus. Dort verschnitt der leichte Wellengang die Worte vom Ufer her in Fetzen, Stille sonst. Und plötzlich war sie da. Still auch sie, die nackte Panik. Denn wo ich mit meinen Händen das Wasser beiseite schob, schien dieses bläulich zu erglühen. Jeder meiner Finger: von einem Hof aus Licht gefasst. Meine Beine schlugen Funken und ich brannte nutzlos in einem leisen unerklärten Feuer, schien mich aufzulösen im Leuchtgift einer jähen Strömung. Je schneller ich entkommen wollte, desto heller brannte um mich die See. Dann meldete sich mein Verstand zurück, ich schien zu überleben. Mit leisem Verdacht und deutlich ruhiger nun nahm ich in vollen Zügen das Bad im Licht.
Ich war in einen Schwarm von Dinoflagellaten der Gattung Pyrocystis noctiluca hineingeraten. Diese Einzeller geben bei Berührung Licht ab und sorgen für das Meeresleuchten, das schon im 17. Jahrhundert von Seeleuten beschrieben worden ist. Ihre Berichte wurden als Seemannsgarn abgetan. So hat mich Plankton vor Frankreichs Küste kurz um den Verstand gebracht.»
Auszug aus «Kleine Licht- und Schattenfuge». Lorenz Olivier Schmid, 2017
Ich war in einen Schwarm von Dinoflagellaten der Gattung Pyrocystis noctiluca hineingeraten. Diese Einzeller geben bei Berührung Licht ab und sorgen für das Meeresleuchten, das schon im 17. Jahrhundert von Seeleuten beschrieben worden ist. Ihre Berichte wurden als Seemannsgarn abgetan. So hat mich Plankton vor Frankreichs Küste kurz um den Verstand gebracht.»
Auszug aus «Kleine Licht- und Schattenfuge». Lorenz Olivier Schmid, 2017